Jobcenter – Versuch einer Anthropologie der modernen Berufswelt
Der Sohn übernimmt das Geschäft? Die Tochter heiratet? So einfach ist es schon lange nicht mehr! In Zeiten von Fachkräftemangel, Demographie- und Klimawandel weiß der Berufseinsteiger von heute oftmals nicht mehr, wo es einmal hingehen soll. Nicht jeder kann Popstar oder Plagiator werden. Deshalb haben wir es uns zum Ziel gesetzt, Alternativen aufzuzeigen. Wir haben uns mit Vertretern der verschiedenen Berufsgruppen unterhalten, vom Fitnesstrainer bis hin zum Friseur. Bei uns kommen sie unzensiert und ungeschönt zu Wort. Ja! so ist es und nicht anders!
Zwischen Fettecke und Milka.
Heute: Der Künstler
Mein Name ist Hiob Meier. Ich bin bildender Künstler. Künstlername, klar. Diplom in Düsseldorf. Lüpertz. Becher. Beuys. Ich kenne sie alle. Und, was Sie nicht wissen können: Ich überrage sie alle. Mein künstlerisches Herz schlägt links in meinem Brustkasten, fort und fort, ohne Unterlass. Genauso ist es mit meiner Kreativität, sie fließt; überbordend; ohne Maß und Einheit quillt sie über. Sorry, ich komme gerade vom Einkauf, entschuldigen Sie das Chaos, sehen und steigen Sie darüber hinweg. Das ist mein Arbeitszimmer. Oh, die Tür klemmt, vielleicht räume ich mal auf? – wissen Sie, da liegt Wäsche am Boden, saubere Sachen, Dreckwäsche, aussortierte Lumpen – alles ein bunter Haufen! Dazwischen mein Zeichenpapier, Kartuschen, Spielzeug und Pralinenverpackungen. Ich liebe das Chaos nicht, es ergibt sich von selbst! Hier sehen Sie, das ist die Schokolade, die ich für meine nächste Kunstinstallation gekauft habe. Ich werde einen Schokoladenbrunnen kreieren. Wenn die Schokolade schmilzt, wird sie aus einer Öffnung fließen, heraus quellen, herunter tropfen und einen kleinen braunen Haufen wachsen lassen. Das ganze nenne ich „Investment“, als kritische Anmerkung zum Weltgeschehen: Investitionen machen Wachstum möglich, aber es kann dabei auch ganz schöne Scheiße rauskommen. Genial, nicht?! Darauf muss man erst mal kommen. Vielleicht mache ich aber auch eine Seifenblase und nenne sie „Bubble“. Oder ich mache beides. Setzen Sie sich erst einmal hin, warten Sie, nein! Tara Artista Isabelle Nadješda Louise Grammophone Cacophonia, lass das! Du sollst nicht immer die Nutella an die Fenster schmieren, das weißt du doch! Weil es mich traurig macht. Ich fühle mich dann so hilflos, ausgeliefert … Ach lassen wir das! Soll Tara (3 Jahre, sie ist etwas ganz Besonderes, Anm. d. Red.) sich doch frei entfalten, wenn sie glücklich ist, bin ich es auch. Was soll´s. Dann können wir uns wenigstens in Ruhe unterhalten. Der Preis, ja. Den habe ich für eine Zeitungspapier-Installation in Berlin erhalten. Ich habe den Bundestag mit Altpapier vollgestopft, um auf die Hohlheit der Politik zu verweisen. Das Ergebnis war großartig. Leider musste es bereits nach vier Wochen abgebaut werden. Sicherheitsvorschriften. Die Abgeordneten hätten das „Objet soufflé“, wie ich es anspielungsreich nannte, gerne noch länger stehen lassen. Die Sitzungen am Spreeufer seien unheimlich effektiv gewesen. Ja! so ist es und nicht anders! Sehen Sie, und da gibt es noch Stimmen, die nach dem Sinn von Kunst fragen?!
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